Warum verschleiere ich meine Bilder nicht mehr?
Von bizarren Vorlieben, stoischen Seesternen und dem alltäglichen Wahnsinn: Ich bin Helena Aurora, Independent Escort und Domina aus Hamburg. Täglich erlebe ich die kuriosesten Geschichten und treffe auf die spannendsten Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Du möchtest einen authentischen Blick hinter die Fassade des ältesten Gewerbes der Welt werfen?
Dann freu dich auf meinen heutigen Beitrag: Gesicht zeigen - Warum verschleiere ich meine Bilder nicht mehr?
Gesicht zeigen
Ich hatte von Natur aus immer ein Faible für Sexualität und das Bedürfnis nach persönlichem Wachstum. Die Menschen, die in der Vergangenheit meinen Lebensweg kreuzten und ähnlich tickten, erfüllten mich mental auf außergewöhnliche Weise. Meine Synapsen bewegten sich auf einmal in tänzerischer Leichtigkeit zu einem Rhythmus, den ich mir lange Zeit nicht einmal vorstellen konnte!
Diese Menschen waren offen, wohlwollend, reflektiert und im Einklang mit sich selbst. Die Energie dieser Begegnungen machte geradezu süchtig, inspirierte und motivierte mich, mich in meinem eigenen Sein weiterzuentwickeln.
Im beruflichen und privaten Alltag schrumpfte ich jedoch immer wieder zusammen. Der emotionale und intellektuelle Nährboden war zu begrenzt, als dass ich mich frei hätte entfalten können. Es ging ständig nur um Konkurrenzkampf, Oberflächlichkeiten, Neid und Missgunst. Jede*r dachte primär an sich. So war ich nicht und wollte es auch nie sein.
Ich fing an, ein Doppelleben zu führen, diese, „meine“, Menschen zu suchen, mich weiter auszutauschen und auszuleben. Mein Hunger war gar nicht mehr zu stillen, endlich konnte ich ich selbst sein und entwickelte mich in einer Geschwindigkeit, dass mein „Norm-Leben“ nicht mehr hinterherkam.
Dass ich am Ende im Berufsfeld der Sexarbeit landen würde, habe ich zumindest nicht direkt geplant. Rückblickend betrachtet war dieser Schritt jedoch nur natürlich.
Narrative
Dass eine Frau alternative Lebenswege beschreitet, sich und ihren Körper liebt, ihre Sexualität ungehemmt auslebt (und sogar genießt), ist nach wie vor verrufen. Das klassische Rollenverständnis von Mann und Frau sowie deren berufliche und familiäre Stellung, sind noch immer maßgebende Themen unserer Kultur. Sie wurden über Generationen hinweg geprägt und anerzogen. Solche Narrative lassen sich bedauerlicherweise nicht ohne Weiteres ablegen.
In meinem Umfeld folgten damals immer wieder dieselben Fragen:
„Na, was macht die Liebe?“, „Wann heiratet ihr?“, „Wie viele Kinder möchtest du haben?“, „Welche Ausbildung machst du?“, „Wollt ihr ein Haus oder eine Wohnung kaufen?“
Der Druck von außen war enorm. Ich sollte schließlich performen: Klassische Ausbildung, Hochzeit, Eigenheim und Kinder. Am besten direkt in der Heimatstadt bleiben, keine Widerworte, nicht auffallen. Schön brav, damit ich auch vorzeigbar bleibe.
Ausbruch
Diese Muster machten für mich keinen Sinn, ich hatte nie das Bedürfnis nach dieser Form der Lebensgestaltung. Ich wollte mehr vom Leben, wollte studieren, die Welt bereisen, neue Menschen und Kulturen kennenlernen, mich ausleben! Eine monogame Beziehung und Kinder kamen für mich nie in Frage.
Meine Einstellung stieß auf heftigen Widerstand aus allen Reihen. Alles, was mich ausmachte, mein Charakter, meine Wünsche, Interessen und Meinung wurden untergraben und abgewertet. Ich sei nicht gut genug, alles, was ich tat, sei falsch. Was ich dachte und fühlte sei nicht richtig.
Ich sei außerdem zu viel, zu dominant, zu sportlich, zu anspruchsvoll, zu laut, zu leise, ich sei Abschaum. Über Jahre hinweg führte ich anderer Menschen Kämpfe- neben meinen eigenen. Zu akzeptieren, dass „Familie“, „FreundInnen“ und „Partner“ mich nicht gewinnen sehen wollten, war emotional nur schwer zu fassen.
Ich zog die Konsequenzen und ging. So wollte ich nicht weiterleben.
Ich bin glücklich!
Heute führe ich ein Leben zu meinen Bedingungen, verbringe Zeit mit den Menschen, die mich wertschätzen und arbeite wann, wo und mit wem ich möchte. Ich bin selbstständig, unabhängig, frei und verfolge meine Ziele.
Menschen kommen zu mir, weil sie sich, wie ich damals, in ihrem Alltag gefangen fühlen. Mit mir können sie ihre Bedürfnisse ungehemmt ausleben. Sie bekommen echte Nähe, ein offenes Ohr, Inspiration- oder schlichtweg Ablenkung in besonderen Lebensphasen. Mit mir gibt es keinen Hass, keine Vorurteile oder Scham. Ich bin sowohl Geliebte wie auch Muse, Freundin, Herrin, "Therapeutin" und Partner in Crime.
Heute weiß ich, wer ich bin, was ich geleistet habe und leisten kann. Meine Bilder verschleiere ich nicht mehr. Ich bin stolz darauf, dass ich die Fähigkeit besitze, Menschen aufrichtig bewegen zu können. Ich bin stolz darauf, dass ich endlich sagen kann "Ich bin glücklich!" Warum sollte ich mich dafür verstecken?
„Zu viel sein“ bedeutet manchmal auch einfach, genug zu besitzen, um teilen zu können.
Comments